"unter dem Druck des Vorurtheils" Strauß, Johann (Sohn), österr. Komponist und Dirigent, Schöpfer der "Fledermaus", anderer glänzender Operetten und berühmter Tanzmelodien (1825-1899). Eigh. Brief m. U. "Johann". 4 S. Doppelbl. 8vo. Wien (Empfangsvermerk: 12.I.1892). An seinen Verleger Fritz Simrock. Nach der enttäuschenden Aufnahme der Uraufführung von Strauß' Oper "Ritter Pázmán" am 1. Januar 1892 an der Wiener Hofoper zunächst über die Erkrankung der Sängerin Marie Renard (Darstellerin der "Eva") und dann ausführlich über den Verriß durch den gefürchteten Kritiker Eduard Hanslick, der das Textbuch von Ludwig von Doczy sehr abfällig beurteilt hatte. "... Frl. Renard hat, wie Sie wissen, in der 4ten Vorstellung, aber mit großer Anstrengung (sie war sehr krank), gesungen. Sie hat sich nur Eines erbeten, daß ihre Unpäßlichkeit auf den Affichen angezeigt wird - was auch geschehen. Ich war gestern bei Renard, um ihr zu danken. Sie war bettlägerig u. konnte mich nicht empfangen. Nun hat sie mir ... mittheilen lassen, daß sie sich schonen wird, um die 5te Reprise singen zu können. Sie benimmt sich ... höchst anständig - vielleicht ist sie die Einzige, die für das Aufkommen des kränkelnden Pázmán Sorge trägt ... ich muß Ihnen nun unverhohlen gestehen, daß uns Eduard H.[anslick] enorm geschadet hat, indem er das Buch in einer so fürchterlichen Weise zerdonnerte (was es doch nicht verdient). Ich konnte ihm weder mündlich noch schriftlich für seinen Liebesdienst danken. Er hätte in Ihrem und meinem Interesse das Libretto milder kritisieren sollen. Man kann ohne zu loben delikater zu Werke gehen, als er es gethan hat u. wenn sich seine Überzeugung noch so sehr dagegen sträuben sollte. Er mußte doch an die nachtheiligen Folgen denken, die er seinen Freunden zufügt ... Er ist aber weder mit dem einen noch mit dem andern der Oper einverstanden. Er wünschte die Musik humoristischer! Dazu war das Buch nicht darnach angethan. Anderseits befand ich mich unter dem Druck des Vorurtheils; hätte ich anders geschrieben, würde man gesagt haben, ich habe die Operette in die Oper hinübergetragen. Dem Pázmán fällt die schwierige Aufgabe zu, unter den schwierigsten Umständen sich selbst empor zu arbeiten, dies ist aber in rapidem Tempo nicht möglich ...". - Sehr schöner Brief über sein Werk, von dem Erich Schenk 1940 schrieb, daß "wir heute genügend Abstand haben, um die feine Geistigkeit und das in manchen Partien bemerkenswert Zukunftweisende der Partitur eines Sechsundsechzigjährigen zu würdigen".
"unter dem Druck des Vorurtheils" Strauß, Johann (Sohn), österr. Komponist und Dirigent, Schöpfer der "Fledermaus", anderer glänzender Operetten und berühmter Tanzmelodien (1825-1899). Eigh. Brief m. U. "Johann". 4 S. Doppelbl. 8vo. Wien (Empfangsvermerk: 12.I.1892). An seinen Verleger Fritz Simrock. Nach der enttäuschenden Aufnahme der Uraufführung von Strauß' Oper "Ritter Pázmán" am 1. Januar 1892 an der Wiener Hofoper zunächst über die Erkrankung der Sängerin Marie Renard (Darstellerin der "Eva") und dann ausführlich über den Verriß durch den gefürchteten Kritiker Eduard Hanslick, der das Textbuch von Ludwig von Doczy sehr abfällig beurteilt hatte. "... Frl. Renard hat, wie Sie wissen, in der 4ten Vorstellung, aber mit großer Anstrengung (sie war sehr krank), gesungen. Sie hat sich nur Eines erbeten, daß ihre Unpäßlichkeit auf den Affichen angezeigt wird - was auch geschehen. Ich war gestern bei Renard, um ihr zu danken. Sie war bettlägerig u. konnte mich nicht empfangen. Nun hat sie mir ... mittheilen lassen, daß sie sich schonen wird, um die 5te Reprise singen zu können. Sie benimmt sich ... höchst anständig - vielleicht ist sie die Einzige, die für das Aufkommen des kränkelnden Pázmán Sorge trägt ... ich muß Ihnen nun unverhohlen gestehen, daß uns Eduard H.[anslick] enorm geschadet hat, indem er das Buch in einer so fürchterlichen Weise zerdonnerte (was es doch nicht verdient). Ich konnte ihm weder mündlich noch schriftlich für seinen Liebesdienst danken. Er hätte in Ihrem und meinem Interesse das Libretto milder kritisieren sollen. Man kann ohne zu loben delikater zu Werke gehen, als er es gethan hat u. wenn sich seine Überzeugung noch so sehr dagegen sträuben sollte. Er mußte doch an die nachtheiligen Folgen denken, die er seinen Freunden zufügt ... Er ist aber weder mit dem einen noch mit dem andern der Oper einverstanden. Er wünschte die Musik humoristischer! Dazu war das Buch nicht darnach angethan. Anderseits befand ich mich unter dem Druck des Vorurtheils; hätte ich anders geschrieben, würde man gesagt haben, ich habe die Operette in die Oper hinübergetragen. Dem Pázmán fällt die schwierige Aufgabe zu, unter den schwierigsten Umständen sich selbst empor zu arbeiten, dies ist aber in rapidem Tempo nicht möglich ...". - Sehr schöner Brief über sein Werk, von dem Erich Schenk 1940 schrieb, daß "wir heute genügend Abstand haben, um die feine Geistigkeit und das in manchen Partien bemerkenswert Zukunftweisende der Partitur eines Sechsundsechzigjährigen zu würdigen".
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