Hermann Nitsch * (Wien 1938 geb.) o.T., 2010 Mischtechnik auf Leinwand; ungerahmt; 150 × 100 cm Rückseitig signiert und datiert: Hermann Nitsch 2010 Provenienz Privatbesitz, Wien In den 1960er Jahren hatte das Aktionstheater die Malerei verdrängt und erst 1983 nimmt Hermann Nitsch die Malerei wieder auf und erkennt die wechselseitige Notwendigkeit von Malaktion und Orgien Mysterien Theater. Die früheren Malereien sind mit standardisierten Maßen oft Teile eines Werkzyklus und gewinnen erst im Laufe der 1990er Jahre als Einzelbilder an Autonomie. Sie dienen als „Einleitungsformel“ in Richtung eines orgiastischen Geschehens und sollen helfen das Empfinden des Betrachters tiefer und sinnlicher werden zu lassen. Seit etwa 1989 treten bunte Farben auf, bisher war ja Rot als Farbe des Lebens und des Todes bestimmend, als Sinnbild des Feuers, der Liebe, des Fleisches und des Blutes. Nun kommen neben Gelb vor allem liturgische Farben wie Violett, Blau und Grün zum Einsatz. Die Farbe soll aber intuitiv-emotional empfunden werden, unbelastet von vorgeprägten Assoziationen. Kein Zufall, dass Hermann Nitsch während seiner Professur an der Städelschule in Frankfurt (1989 bis 2003) Kurse für Farbübungen abhält, ein Zeichen der intensiven Auseinandersetzung mit diesem Thema. Er erarbeitet auch umfangreiche Farbskalen, ähnlich den Partituren für das Orgien Mysterien Theater. Die Zusammenstellung der einzelnen Töne bleibt also wohl nicht dem Zufall überlassen, die Farben sollen sich gegenseitig in ihrer Wirkung stärken und alle fünf Sinne gleichsam anregen. Das Verschütten der Farbe, im Sinne der Hervorbringung des Unbewussten und der Ausschaltung der Ratio, geht auf den Tachismus zurück. Die ungeplant eine Leinwand herunterrinnende Farbe verleiht dem Irrationalen Ausdruck. Nitsch selbst bezeichnet dies als „visuelle Grammatik des Aktionstheaters auf einer Bildfläche... Die elementare sinnliche Erregung der Malerei, hervorgerufen durch das Verschütten, Verspritzen und Verschmieren von Farbe, entspricht jener der Aktionen mit Fleisch, Blut und Eingeweiden, und sie scheint ebenso geeignet zur Abreaktion verdrängter Wünsche und Triebe wie diese.“ (Christine Wetzlinger-Grundnig, 2012, auf: http://www.nitschmuseum.at/de/hermann-nitsch/werk, Stand: 23.4.2017) Im Orgien Mysterien Theater wie in der Malerei ereignen sich sinnliche Vorgänge, gemalt spielen sich diese auf der Bildfläche ab. Man darf sich von der Farbgebung späterer Arbeiten nicht täuschen lassen. Natürlich denkt man bei Blau, Grün und Violett nicht an verspritztes Blut, aber die zugrundeliegenden Intentionen sind die gleichen, nämlich „verdrängte bereiche auszuagieren“ und „abzureagieren“ (Hermann Nitsch in: Nitsch. Eine retrospektive. Werke aus der Sammlung Essl, Klosterneuburg 2003/2004, S. 136) (Sophie Cieslar)
Hermann Nitsch * (Wien 1938 geb.) o.T., 2010 Mischtechnik auf Leinwand; ungerahmt; 150 × 100 cm Rückseitig signiert und datiert: Hermann Nitsch 2010 Provenienz Privatbesitz, Wien In den 1960er Jahren hatte das Aktionstheater die Malerei verdrängt und erst 1983 nimmt Hermann Nitsch die Malerei wieder auf und erkennt die wechselseitige Notwendigkeit von Malaktion und Orgien Mysterien Theater. Die früheren Malereien sind mit standardisierten Maßen oft Teile eines Werkzyklus und gewinnen erst im Laufe der 1990er Jahre als Einzelbilder an Autonomie. Sie dienen als „Einleitungsformel“ in Richtung eines orgiastischen Geschehens und sollen helfen das Empfinden des Betrachters tiefer und sinnlicher werden zu lassen. Seit etwa 1989 treten bunte Farben auf, bisher war ja Rot als Farbe des Lebens und des Todes bestimmend, als Sinnbild des Feuers, der Liebe, des Fleisches und des Blutes. Nun kommen neben Gelb vor allem liturgische Farben wie Violett, Blau und Grün zum Einsatz. Die Farbe soll aber intuitiv-emotional empfunden werden, unbelastet von vorgeprägten Assoziationen. Kein Zufall, dass Hermann Nitsch während seiner Professur an der Städelschule in Frankfurt (1989 bis 2003) Kurse für Farbübungen abhält, ein Zeichen der intensiven Auseinandersetzung mit diesem Thema. Er erarbeitet auch umfangreiche Farbskalen, ähnlich den Partituren für das Orgien Mysterien Theater. Die Zusammenstellung der einzelnen Töne bleibt also wohl nicht dem Zufall überlassen, die Farben sollen sich gegenseitig in ihrer Wirkung stärken und alle fünf Sinne gleichsam anregen. Das Verschütten der Farbe, im Sinne der Hervorbringung des Unbewussten und der Ausschaltung der Ratio, geht auf den Tachismus zurück. Die ungeplant eine Leinwand herunterrinnende Farbe verleiht dem Irrationalen Ausdruck. Nitsch selbst bezeichnet dies als „visuelle Grammatik des Aktionstheaters auf einer Bildfläche... Die elementare sinnliche Erregung der Malerei, hervorgerufen durch das Verschütten, Verspritzen und Verschmieren von Farbe, entspricht jener der Aktionen mit Fleisch, Blut und Eingeweiden, und sie scheint ebenso geeignet zur Abreaktion verdrängter Wünsche und Triebe wie diese.“ (Christine Wetzlinger-Grundnig, 2012, auf: http://www.nitschmuseum.at/de/hermann-nitsch/werk, Stand: 23.4.2017) Im Orgien Mysterien Theater wie in der Malerei ereignen sich sinnliche Vorgänge, gemalt spielen sich diese auf der Bildfläche ab. Man darf sich von der Farbgebung späterer Arbeiten nicht täuschen lassen. Natürlich denkt man bei Blau, Grün und Violett nicht an verspritztes Blut, aber die zugrundeliegenden Intentionen sind die gleichen, nämlich „verdrängte bereiche auszuagieren“ und „abzureagieren“ (Hermann Nitsch in: Nitsch. Eine retrospektive. Werke aus der Sammlung Essl, Klosterneuburg 2003/2004, S. 136) (Sophie Cieslar)
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