(Haina 1722–1789 Kassel) Bildnis des Johann Rudolf Graf Waldbott von Bassenheim (1731–1805), Öl auf Leinwand, 114 x 92 cm, gerahmt Wir danken Anna-Charlotte Flohr, die die Zuschreibung nach Prüfung des vorliegenden Gemäldes im Original als eigenhändiges Werk bestätigt hat, für ihre Hilfe bei dessen Katalogisierung. Ein ausführliches Gutachten liegt dem Gemälde bei. Johann Heinrich Tischbeins Bildnis des vorletzten Burggrafen von Friedberg war bis dato unveröffentlicht und stellt eine interessante Hinzufügung zum Oeuvre des Künstlers dar. Es handelt sich um ein ansprechend komponiertes Werk von erlesener Eleganz und Verfeinerung, wie es für Tischbeins Schaffen der Reifezeit zwischen den späten 1750er und den 1760er Jahren ganz und gar typisch ist. Die sichere und dabei lockere Pinselführung, die Feinheit der Oberflächen – der matte Seidensamt, die Goldstickerei oder die glänzende Rüstung – sowie die gekonnte Wiedergabe des Inkarnats sprechen für ein wichtiges Werk des Künstlers, der heute zu Recht als einer der besten Porträtisten des 18. Jahrhunderts gilt. Graf Waldbott-Bassenheim ist hier in relativ jungen Jahren, lange vor seinem Antritt einiger der höchsten Ämter im Heiligen Römischen Reich, dargestellt. Auf einer späteren Fassung der vorliegenden Komposition, die im Wetterau-Museum, Friedberg, aufbewahrt wird, ist er einige Jahre älter und trägt das Zeichen des Kaiserlichen Josephsorden zu Burgfriedberg, als dessen Prior er nach seiner Ernennung zum Burggrafen 1777 fungierte. Tischbein hat hier den jugendlichen Geist und die Eleganz des jungen Edelmanns eingefangen. Er war der Spross einer mächtigen und wohlhabenden rheinischen Adelsfamilie, der Vorstand eines überaus einflussreichen Reichsgerichts und Befehlshaber über eine bedeutende kaiserliche Bastion in Mitteldeutschland, Burg Friedberg in Hessen, werden sollte. Interessant ist, dass der Künstler sich aller Kompositionsmerkmale eines offiziellen Staatsporträts bedient hat, die zweifellos auf den Reichtum und Status des jungen Grafen anspielen sollten. Indem er Charakteristika dieses Porträttypus wie die Brustplatte der Rüstung, die weiße Schleife eines Offiziers und die damit oft einhergehende gebieterische Haltung übernommen hat, transportiert er das vom Dargestellten gewünschte Image. Gleichzeitig jedoch, indem er sich auf diese Merkmale beschränkt und keine weiteren Requisiten des Porträts eines militärischen Befehlshabers wie einen Helm oder im Hintergrund kämpfende oder lagernde Soldaten miteinbezieht, verströmt das Gemälde eine friedliche und harmonische Eleganz, die offiziellen Staatsporträts häufig abgeht. Anna Flohr schlägt eine Entstehungszeit zwischen 1755 und 1765 vor, was mit dem Alter des 1731 geborenen Dargestellten übereinstimmt. Er wäre dann zwischen 24 und 34 Jahre alt gewesen. Sie betrachtet das Bild im Zusammenhang mit weiteren Werken dieser Periode, etwa dem kürzlich aufgefundenen Porträt des Duc de Châtillon (siehe Patrimonia 391, hrsg. von Kulturstiftung der Länder, Johann Heinrich Tischbein d. Ä., Porträt des Louis Gaucher, Duc de Châtillon), dem Porträt des jungen Landgrafen Friedrich II. von Hessen-Kassel mit Brustplatte (siehe Anna Charlotte Flohr, Johann Heinrich Tischbein d. Ä. als Porträtmaler, mit einem kritischen Werkverzeichnis, München 1997, Kat.-Nr. G10) oder dem Porträt von Friedrich Wilhelm von Donop in Jagdkleidung (Flohr, ebd., Kat.-Nr. G101). Haltung und Gesamtkomposition weisen starke Ähnlichkeit mit Tischbeins Bildnis von Herzog Ferdinand von Braunschweig-Lüneburg auf (Arolsen, Sammlung Fürst zu Waldeck und Pyrmont, siehe Flohr, ebd. Kat.-Nr. G59). Der „Kasseler Tischbein“ zählt zu den begabtesten und einflussreichsten Mitgliedern einer überaus produktiven Künstlerfamilie. Sein Mäzen, Graf Stadion, ermöglichte ihm ein fünfjähriges Studium in Paris, wo er ab 1743 in der Werkstatt von Charles Vanloo arbeitete. Neben Johann Christian Fiedler Christian Bernhard Rode und Januarius Zick war Tischbein einer der ersten deutschen Küns
(Haina 1722–1789 Kassel) Bildnis des Johann Rudolf Graf Waldbott von Bassenheim (1731–1805), Öl auf Leinwand, 114 x 92 cm, gerahmt Wir danken Anna-Charlotte Flohr, die die Zuschreibung nach Prüfung des vorliegenden Gemäldes im Original als eigenhändiges Werk bestätigt hat, für ihre Hilfe bei dessen Katalogisierung. Ein ausführliches Gutachten liegt dem Gemälde bei. Johann Heinrich Tischbeins Bildnis des vorletzten Burggrafen von Friedberg war bis dato unveröffentlicht und stellt eine interessante Hinzufügung zum Oeuvre des Künstlers dar. Es handelt sich um ein ansprechend komponiertes Werk von erlesener Eleganz und Verfeinerung, wie es für Tischbeins Schaffen der Reifezeit zwischen den späten 1750er und den 1760er Jahren ganz und gar typisch ist. Die sichere und dabei lockere Pinselführung, die Feinheit der Oberflächen – der matte Seidensamt, die Goldstickerei oder die glänzende Rüstung – sowie die gekonnte Wiedergabe des Inkarnats sprechen für ein wichtiges Werk des Künstlers, der heute zu Recht als einer der besten Porträtisten des 18. Jahrhunderts gilt. Graf Waldbott-Bassenheim ist hier in relativ jungen Jahren, lange vor seinem Antritt einiger der höchsten Ämter im Heiligen Römischen Reich, dargestellt. Auf einer späteren Fassung der vorliegenden Komposition, die im Wetterau-Museum, Friedberg, aufbewahrt wird, ist er einige Jahre älter und trägt das Zeichen des Kaiserlichen Josephsorden zu Burgfriedberg, als dessen Prior er nach seiner Ernennung zum Burggrafen 1777 fungierte. Tischbein hat hier den jugendlichen Geist und die Eleganz des jungen Edelmanns eingefangen. Er war der Spross einer mächtigen und wohlhabenden rheinischen Adelsfamilie, der Vorstand eines überaus einflussreichen Reichsgerichts und Befehlshaber über eine bedeutende kaiserliche Bastion in Mitteldeutschland, Burg Friedberg in Hessen, werden sollte. Interessant ist, dass der Künstler sich aller Kompositionsmerkmale eines offiziellen Staatsporträts bedient hat, die zweifellos auf den Reichtum und Status des jungen Grafen anspielen sollten. Indem er Charakteristika dieses Porträttypus wie die Brustplatte der Rüstung, die weiße Schleife eines Offiziers und die damit oft einhergehende gebieterische Haltung übernommen hat, transportiert er das vom Dargestellten gewünschte Image. Gleichzeitig jedoch, indem er sich auf diese Merkmale beschränkt und keine weiteren Requisiten des Porträts eines militärischen Befehlshabers wie einen Helm oder im Hintergrund kämpfende oder lagernde Soldaten miteinbezieht, verströmt das Gemälde eine friedliche und harmonische Eleganz, die offiziellen Staatsporträts häufig abgeht. Anna Flohr schlägt eine Entstehungszeit zwischen 1755 und 1765 vor, was mit dem Alter des 1731 geborenen Dargestellten übereinstimmt. Er wäre dann zwischen 24 und 34 Jahre alt gewesen. Sie betrachtet das Bild im Zusammenhang mit weiteren Werken dieser Periode, etwa dem kürzlich aufgefundenen Porträt des Duc de Châtillon (siehe Patrimonia 391, hrsg. von Kulturstiftung der Länder, Johann Heinrich Tischbein d. Ä., Porträt des Louis Gaucher, Duc de Châtillon), dem Porträt des jungen Landgrafen Friedrich II. von Hessen-Kassel mit Brustplatte (siehe Anna Charlotte Flohr, Johann Heinrich Tischbein d. Ä. als Porträtmaler, mit einem kritischen Werkverzeichnis, München 1997, Kat.-Nr. G10) oder dem Porträt von Friedrich Wilhelm von Donop in Jagdkleidung (Flohr, ebd., Kat.-Nr. G101). Haltung und Gesamtkomposition weisen starke Ähnlichkeit mit Tischbeins Bildnis von Herzog Ferdinand von Braunschweig-Lüneburg auf (Arolsen, Sammlung Fürst zu Waldeck und Pyrmont, siehe Flohr, ebd. Kat.-Nr. G59). Der „Kasseler Tischbein“ zählt zu den begabtesten und einflussreichsten Mitgliedern einer überaus produktiven Künstlerfamilie. Sein Mäzen, Graf Stadion, ermöglichte ihm ein fünfjähriges Studium in Paris, wo er ab 1743 in der Werkstatt von Charles Vanloo arbeitete. Neben Johann Christian Fiedler Christian Bernhard Rode und Januarius Zick war Tischbein einer der ersten deutschen Küns
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