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Auction archive: Lot number 2568

Rilke, Rainer Maria

Estimate
€3,000
ca. US$3,531
Price realised:
€4,200
ca. US$4,943
Auction archive: Lot number 2568

Rilke, Rainer Maria

Estimate
€3,000
ca. US$3,531
Price realised:
€4,200
ca. US$4,943
Beschreibung:

Rilkes Programm des lyrischen Kammerspiels Rilke, Rainer Maria, Dichter, einer der bedeutendsten Lyriker des 20. Jhdts (1875-1926). Eigh. Brief m. U. "Rainer Maria Rilke". 4 S . Doppelblatt. Gr. 8vo. Schmargendorf bei Berlin 9.VII.1899. An den (nicht genannten) Schriftsteller und Publizisten Franz Blei (1871-1942), der in der "Wiener Rundschau" einen 'Sermon wider die Literatur in Dingen der dramatischen Dichtkunst" (WR III, 1899, S. 298-303) veröffentlicht hatte. Rilke fühlt sich zu einem spontanen, umfangreichen Dankesbrief veranlaßt. "... nach einer langen Reise durch Russland kehre ich nachhause zurück und blättere in den angesammelten Briefen und Zeitschriften. Da finde ich in N. 13 der 'Wiener Rundschau' Ihren 'Sermon' - und ich muß es mir ganz unwillkürlich geschehen lassen, daß ich mich am Schreibtisch finde und über diesem Danke an Sie. - Wie oft in der Hoffnungslosigkeit des vergangenen Theaterwinters habe ich mir gewünscht, irgendwo solchen Worten zu begegnen; irgendwo einer ernsten Abwehr und weisen Warnung Stimme zu vernehmen, die aufsteht inmitten dieses täppischen Tanzes von Einfalt und Eitelkeit. Nun fühle ich Ihre Worte wie eine Erfüllung ... Wie oft kam ich mit dem Gefühle des physischen Leidens nachhause, wenn ich sah, wie die Bühne, diese breite und geräumige Möglichkeit, unausgenützt und mißbraucht, einen ganzen Abend brachgelegen hatte, wie selbst Freude und Erfolg (wo solche einmal zu verzeichnen waren) aus einem dumpfen Mißverstehen entsprangen und wie der Niederschlag dieser verrathenen Gefühle, grau und unlösbar auf dem Grunde der Stimmung liegen blieb. - Und dies zu einer Zeit, da in der Malerei und Bildhauerei wirklich etwas wie ein Wiedersehen mit der Schönheit selber, oder doch wie eine Ahnung ihrer Wiederkehr sich vorbereitet! ... Nur das wurde mir klar, daß zwei Traditionen, eine auf der Bühne und eine im Saale, - hier wie dort alles Wahre und Wesentliche unterdrücken und daß aus dem Verhältnis zweier Falschheiten eine große Verlegenheit entsprang, die den Verkehr zwischen beiden Gruppen unmöglich machte. Es geschieht so, daß alles Verständigen sich auf das Zuwerfen gewisser Schlagworte, Effekte und Plattheiten beschränkt, die vom Publikum leidlich gut aufgefangen und zwischen den klatschenden Händen, wie zwischen gierig kauenden Kiefern, zermalmt werden. Und dennoch erschien mir die Schaubühne als der große freie Platz, auf dem das Bild Geberde und das Wort Bewegung werden kann, wie Sie so trefflich sagen ... Ja mir schien es sogar immer, als ob die Scene keinen Absichten so fremd gegenüberstünde, als den sogenannten 'dramatischen Wirkungen', die man ihr immer zuschiebt. Ich sah die Überzeugung, daß gerade unsere leistesten und feinsten Erlebnisse, welche in unseren Büchern sich verbergen, dort eine Heimat erhalten könnten, in der sie stark und still und heimlich durchleuchtet leben. Mir ist: man müßte die einfachsten Formen für jene sieben Ereignisse finden, die im Leben eines Jeden sich bald lächelnd begegnen, - bald über einander weinen jedes über jedes, sich entzweien, sich bekämpfen und sich versöhnen und jenes breite purpurne Lied mit ihren sieben Stimmen heben, in welchem unser eigentliches Leben, wie in einem Mythus, sich erfüllt ... Das Fest aber, welches die Schaubühne stiften müßte, wäre dieses: Durch Darstellung der tiefsten und leisesten Erlebnisse, durch Sichtbarmachung der kleinsten Pendelschläge, jene tiefsten Schicksale aufzudecken, welche wie die letzten Hütten sind: dahinter rauscht das Meer: die große Gemeinsamkeit ... jeden in dieser Menge bis an den Rand seiner Möglichkeiten auszubreiten, so daß er alle Töne seiner Seele fühlt in einem einzigen Accord - : das ist das Fest, welches die Schaubühne stiften kann und - stiften wird. - Das zu erreichen aber muß die Losung heißen: 'Hinaus über die Litteratur!' Und weil ich mich so gern unter dieser Fahne fühle, konnte ich mir nicht verwehren, Ihnen mit diesen Worten dankbar zu sein ...". - 3 Lochungen und ein getilgtes Wort über

Auction archive: Lot number 2568
Auction:
Datum:
7 Oct 2020
Auction house:
Galerie Bassenge
Erdener Str. 5a
14193 Berlin
Germany
info@bassenge.com
+49 30 89380290
+49 30 8918025
Beschreibung:

Rilkes Programm des lyrischen Kammerspiels Rilke, Rainer Maria, Dichter, einer der bedeutendsten Lyriker des 20. Jhdts (1875-1926). Eigh. Brief m. U. "Rainer Maria Rilke". 4 S . Doppelblatt. Gr. 8vo. Schmargendorf bei Berlin 9.VII.1899. An den (nicht genannten) Schriftsteller und Publizisten Franz Blei (1871-1942), der in der "Wiener Rundschau" einen 'Sermon wider die Literatur in Dingen der dramatischen Dichtkunst" (WR III, 1899, S. 298-303) veröffentlicht hatte. Rilke fühlt sich zu einem spontanen, umfangreichen Dankesbrief veranlaßt. "... nach einer langen Reise durch Russland kehre ich nachhause zurück und blättere in den angesammelten Briefen und Zeitschriften. Da finde ich in N. 13 der 'Wiener Rundschau' Ihren 'Sermon' - und ich muß es mir ganz unwillkürlich geschehen lassen, daß ich mich am Schreibtisch finde und über diesem Danke an Sie. - Wie oft in der Hoffnungslosigkeit des vergangenen Theaterwinters habe ich mir gewünscht, irgendwo solchen Worten zu begegnen; irgendwo einer ernsten Abwehr und weisen Warnung Stimme zu vernehmen, die aufsteht inmitten dieses täppischen Tanzes von Einfalt und Eitelkeit. Nun fühle ich Ihre Worte wie eine Erfüllung ... Wie oft kam ich mit dem Gefühle des physischen Leidens nachhause, wenn ich sah, wie die Bühne, diese breite und geräumige Möglichkeit, unausgenützt und mißbraucht, einen ganzen Abend brachgelegen hatte, wie selbst Freude und Erfolg (wo solche einmal zu verzeichnen waren) aus einem dumpfen Mißverstehen entsprangen und wie der Niederschlag dieser verrathenen Gefühle, grau und unlösbar auf dem Grunde der Stimmung liegen blieb. - Und dies zu einer Zeit, da in der Malerei und Bildhauerei wirklich etwas wie ein Wiedersehen mit der Schönheit selber, oder doch wie eine Ahnung ihrer Wiederkehr sich vorbereitet! ... Nur das wurde mir klar, daß zwei Traditionen, eine auf der Bühne und eine im Saale, - hier wie dort alles Wahre und Wesentliche unterdrücken und daß aus dem Verhältnis zweier Falschheiten eine große Verlegenheit entsprang, die den Verkehr zwischen beiden Gruppen unmöglich machte. Es geschieht so, daß alles Verständigen sich auf das Zuwerfen gewisser Schlagworte, Effekte und Plattheiten beschränkt, die vom Publikum leidlich gut aufgefangen und zwischen den klatschenden Händen, wie zwischen gierig kauenden Kiefern, zermalmt werden. Und dennoch erschien mir die Schaubühne als der große freie Platz, auf dem das Bild Geberde und das Wort Bewegung werden kann, wie Sie so trefflich sagen ... Ja mir schien es sogar immer, als ob die Scene keinen Absichten so fremd gegenüberstünde, als den sogenannten 'dramatischen Wirkungen', die man ihr immer zuschiebt. Ich sah die Überzeugung, daß gerade unsere leistesten und feinsten Erlebnisse, welche in unseren Büchern sich verbergen, dort eine Heimat erhalten könnten, in der sie stark und still und heimlich durchleuchtet leben. Mir ist: man müßte die einfachsten Formen für jene sieben Ereignisse finden, die im Leben eines Jeden sich bald lächelnd begegnen, - bald über einander weinen jedes über jedes, sich entzweien, sich bekämpfen und sich versöhnen und jenes breite purpurne Lied mit ihren sieben Stimmen heben, in welchem unser eigentliches Leben, wie in einem Mythus, sich erfüllt ... Das Fest aber, welches die Schaubühne stiften müßte, wäre dieses: Durch Darstellung der tiefsten und leisesten Erlebnisse, durch Sichtbarmachung der kleinsten Pendelschläge, jene tiefsten Schicksale aufzudecken, welche wie die letzten Hütten sind: dahinter rauscht das Meer: die große Gemeinsamkeit ... jeden in dieser Menge bis an den Rand seiner Möglichkeiten auszubreiten, so daß er alle Töne seiner Seele fühlt in einem einzigen Accord - : das ist das Fest, welches die Schaubühne stiften kann und - stiften wird. - Das zu erreichen aber muß die Losung heißen: 'Hinaus über die Litteratur!' Und weil ich mich so gern unter dieser Fahne fühle, konnte ich mir nicht verwehren, Ihnen mit diesen Worten dankbar zu sein ...". - 3 Lochungen und ein getilgtes Wort über

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Auction:
Datum:
7 Oct 2020
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+49 30 89380290
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