(Mailand 1698–1767) Frau mit Spindel, Öl auf Leinwand, 54 x 42 cm, gerahmt Provenienz: Auktion, Sotheby’s, London, 3. Juli 1996, Lot 284 (als Giacomo Ceruti ; Privatsammlung, Parma Literatur: L. Anelli, Pietro Bellotti da Venezia a Milano, in: A. Orlando (Hrsg.), Pietro Bellotti e dintorni. Dipinti veneti e lombardi tra realtà e „genere“ dalla collezione Koelliker, Ausstellungskatalog, Brescia 2007, S. 22, Abb. 23 (als Pietro Bellotti ; N. Roio, in: E. Negro/N. Roio, On the Road 2011, Ausstellungskatalog, Berceto 2011, Nr. 18 (als Giacomo Ceruti Wir danken Francesco Frangi für die Bestätigung der Zuschreibung und seine Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes. Das vorliegende Gemälde zeigt eine Frau mit einer Spindel zum Spinnen von Wolle. Die Protagonistin ist mit der mit Rosenmotiven verzierten und mit Spitzen besetzten weißen Haube, den Ohrringen, der Halskette, dem Ring am Finger und der weißen Spitzenbluse, über der sie ein Mieder und ein braunes Tuch trägt, ungewöhnlich fein zurechtgemacht. Abgesehen von der unverkennbaren Übereinstimmung mit dem ikonografischen und typologischen Repertoire des Mailänder Malers lässt sich die Zuschreibung an Giacomo Ceruti auch stilistisch festmachen. Dies trifft insbesondere auf die in der Darstellung zum Ausdruck kommende Ernsthaftigkeit und Unmittelbarkeit zu, aber auch auf den ausgeprägten Naturalismus des Gemäldes, der sich vor allem in den rosigen Hauttönen und den präzise gesetzten Glanzlichtern des Gewandes zeigt. Die Beschreibung der Gesichtszüge der Frau findet in dem mit 1737 datierten Gegenstück Selbstporträt im Pilgergewand in der Sammlung der Comune di Abano Terma eine überzeugende Entsprechung (siehe M. Gregori Giacomo Ceruti Mailand 1982, S. 450, Nr. 120). Auch dort dominieren schöne Passagen der „Wahrheitsfindung“, etwa in der Wiedergabe der Augenlider, die im vorliegenden Gemälde ähnlich eindrucksvoll dargestellt sind. Ebenso findet die kräftige Hand der Frau, die die Spindel fest umfasst hält, ihr Gegenüber in besagtem Selbstporträt als Pilger, wo die eingehende Beschreibung der beanspruchten ledernen Haut nahezu zum Markenzeichen gerät. Auch weitere bekannten Beispiele halbfiguriger Darstellungen einfacher Menschen von Cerutis Hand fallen sowohl hinsichtlich ihrer stilistischen Entschlossenheit als auch hinsichtlich der durch die Ausführung vermittelten naturalistischen „Präsenz“ der Protagonisten gleichermaßen ins Gewicht. Dazu zählen beispielsweise die Alte Bauersfrau in einer Privatsammlung in Nigoline di Corte Franca, der Bettler im Kunstmuseum in Goteborg und der Um Almosen bittende alte Mann in einer Privatsammlung (siehe F. Frangi, in: Giacomo Cerutti. Il Pitocchetto, Ausstellungskatalog, Brescia und Mailand 1987, S. 178, 182, 183). Aufgrund seiner Datierung mit 1737 liefert das Bild in Abano einen ersten wichtigen Hinweis für die zeitliche Einordnung des vorliegenden Gemäldes, der sich durch weitere Vergleiche zu erhärten scheint. Aufgrund des großzügigen Impastos, mit dem das rosige Inkarnat des Gesichts der Dargestellten und der verschlissene Stoff der Kappe hervorgehoben werden, ist anzunehmen, dass das vorliegende Gemälde bald nach der entscheidenden Wende in Cerutis künstlerischer Laufbahn entstanden ist: Um die Mitte der 1730er-Jahre (ab 1736) weilte er in Padua, wo er zu einer unverkennbar eigenständigen Interpretation venezianischer Vorbilder gelangte. Am deutlichsten wird dies in der Erweiterung seiner Farbpalette und im „offeneren“ Farbauftrag. Diese stilistischen Merkmale treten sowohl in seinen in Padua entstandenen Altarbildern als auch in seinen für private Auftraggeber geschaffenen Werken zutage, welche Mina Gregori dieser Periode richtig zugeordnet hat: darunter eine Junge Frau im Zornmuseet in Mora (M. Gregori, ebd., S. 455, Nr. 139), wo uns dieselbe Farbigkeit und ein vergleichbares Impasto begegnen wie im vorliegenden Gemälde. In besagter Periode tendierten Cerutis Darstellungen einfacher Menschen zu einer offeneren und fre
(Mailand 1698–1767) Frau mit Spindel, Öl auf Leinwand, 54 x 42 cm, gerahmt Provenienz: Auktion, Sotheby’s, London, 3. Juli 1996, Lot 284 (als Giacomo Ceruti ; Privatsammlung, Parma Literatur: L. Anelli, Pietro Bellotti da Venezia a Milano, in: A. Orlando (Hrsg.), Pietro Bellotti e dintorni. Dipinti veneti e lombardi tra realtà e „genere“ dalla collezione Koelliker, Ausstellungskatalog, Brescia 2007, S. 22, Abb. 23 (als Pietro Bellotti ; N. Roio, in: E. Negro/N. Roio, On the Road 2011, Ausstellungskatalog, Berceto 2011, Nr. 18 (als Giacomo Ceruti Wir danken Francesco Frangi für die Bestätigung der Zuschreibung und seine Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes. Das vorliegende Gemälde zeigt eine Frau mit einer Spindel zum Spinnen von Wolle. Die Protagonistin ist mit der mit Rosenmotiven verzierten und mit Spitzen besetzten weißen Haube, den Ohrringen, der Halskette, dem Ring am Finger und der weißen Spitzenbluse, über der sie ein Mieder und ein braunes Tuch trägt, ungewöhnlich fein zurechtgemacht. Abgesehen von der unverkennbaren Übereinstimmung mit dem ikonografischen und typologischen Repertoire des Mailänder Malers lässt sich die Zuschreibung an Giacomo Ceruti auch stilistisch festmachen. Dies trifft insbesondere auf die in der Darstellung zum Ausdruck kommende Ernsthaftigkeit und Unmittelbarkeit zu, aber auch auf den ausgeprägten Naturalismus des Gemäldes, der sich vor allem in den rosigen Hauttönen und den präzise gesetzten Glanzlichtern des Gewandes zeigt. Die Beschreibung der Gesichtszüge der Frau findet in dem mit 1737 datierten Gegenstück Selbstporträt im Pilgergewand in der Sammlung der Comune di Abano Terma eine überzeugende Entsprechung (siehe M. Gregori Giacomo Ceruti Mailand 1982, S. 450, Nr. 120). Auch dort dominieren schöne Passagen der „Wahrheitsfindung“, etwa in der Wiedergabe der Augenlider, die im vorliegenden Gemälde ähnlich eindrucksvoll dargestellt sind. Ebenso findet die kräftige Hand der Frau, die die Spindel fest umfasst hält, ihr Gegenüber in besagtem Selbstporträt als Pilger, wo die eingehende Beschreibung der beanspruchten ledernen Haut nahezu zum Markenzeichen gerät. Auch weitere bekannten Beispiele halbfiguriger Darstellungen einfacher Menschen von Cerutis Hand fallen sowohl hinsichtlich ihrer stilistischen Entschlossenheit als auch hinsichtlich der durch die Ausführung vermittelten naturalistischen „Präsenz“ der Protagonisten gleichermaßen ins Gewicht. Dazu zählen beispielsweise die Alte Bauersfrau in einer Privatsammlung in Nigoline di Corte Franca, der Bettler im Kunstmuseum in Goteborg und der Um Almosen bittende alte Mann in einer Privatsammlung (siehe F. Frangi, in: Giacomo Cerutti. Il Pitocchetto, Ausstellungskatalog, Brescia und Mailand 1987, S. 178, 182, 183). Aufgrund seiner Datierung mit 1737 liefert das Bild in Abano einen ersten wichtigen Hinweis für die zeitliche Einordnung des vorliegenden Gemäldes, der sich durch weitere Vergleiche zu erhärten scheint. Aufgrund des großzügigen Impastos, mit dem das rosige Inkarnat des Gesichts der Dargestellten und der verschlissene Stoff der Kappe hervorgehoben werden, ist anzunehmen, dass das vorliegende Gemälde bald nach der entscheidenden Wende in Cerutis künstlerischer Laufbahn entstanden ist: Um die Mitte der 1730er-Jahre (ab 1736) weilte er in Padua, wo er zu einer unverkennbar eigenständigen Interpretation venezianischer Vorbilder gelangte. Am deutlichsten wird dies in der Erweiterung seiner Farbpalette und im „offeneren“ Farbauftrag. Diese stilistischen Merkmale treten sowohl in seinen in Padua entstandenen Altarbildern als auch in seinen für private Auftraggeber geschaffenen Werken zutage, welche Mina Gregori dieser Periode richtig zugeordnet hat: darunter eine Junge Frau im Zornmuseet in Mora (M. Gregori, ebd., S. 455, Nr. 139), wo uns dieselbe Farbigkeit und ein vergleichbares Impasto begegnen wie im vorliegenden Gemälde. In besagter Periode tendierten Cerutis Darstellungen einfacher Menschen zu einer offeneren und fre
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