LOUIS ABEL-TRUCHET (Versailles 1857–1918 Auxerre) Promenade de la vache enragée. Öl auf Leinwand. Unten rechts signiert: Abel Truchet. 213,3 × 438 cm. Provenienz: - Cabaret des Quat'z-Arts, Paris, bis mindestens 1910. - Europäischer Privatbesitz. Im 19. Jahrhundert war Montmartre aufgrund der stadtplanerischen Arbeiten Georges-Eugène Baron Haussmanns zum neusten Pariser Stadtteil geworden. Sowohl Arbeiter als auch wohlhabende Familien bewohnten das Quartier. Der Gipsabbau, der wichtigste Wirtschaftszweig Montmartres, gab dem neu errichteten Platz, Place Blanche, seinen Namen. Gleichwohl zog Montmartre zahlreiche Künstler an, so Auguste Renoir (1841–1919), Vincent van Gogh (1853–1890), Theéphile-Alexandre Steinlen (1859–1923) und Henri de Toulouse-Lautrec (1864–1901), die hier ein freieres und kostengünstiges Leben führen konnten. 1896 und 1897 wurden zwei Umzüge durch Montmartre namens "Vachalcades" durchgeführt, mit dem Ziel, einen Hilfsfonds für die in Armut lebenden Künstler zu schaffen. Der Name setzt sich aus den Worten "vache" und "cavalcade" zusammen und bezieht sich auf die "vache enragée", einem Symbol für magere Zeiten und das Sinnbild des bohemischen Lebens. Ihr Gegenspieler, der "Bœuf Gras" stand im Mittelpunkt aller satirischen Umzüge, die in Paris unter Napoleon III. stattfanden. Beide Symbole konkurrierten auf dem Montmartre während der Belle Époque. Die Vachalcades genossen einen grossen populären Erfolg und wurden sogar in ausländischen Zeitungen erwähnt, obwohl sie in einem finanziellen Desaster endeten. Der Maler Louis Abel-Truchet der für seine Strassenszenen bekannt war, entwarf einen Wagen namens "L’Ode au Sacré Cœur" für den ersten Umzug von 1896, den er im hier angebotenen Gemälde an der Place Blanche darstellt. Die zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz fertiggestellte Kirche Sacré Cœur ist an der Spitze des Wagens zu sehen und wird von einem Engelschor besungen. Der Sakralbau sollte dem von religiöser Indifferenz und sozialistischen Umtrieben geprägten Stadtviertel eine national-katholische Bedeutung verleihen, worüber sich die satirisch geprägte Vachalcade auslässt. So ist auch der rechts im Hintergrund sichtbare Moulin Rouge als symbolischer Gegenspieler des Sacré Cœurs zu verstehen. Das Gemälde wurde im Cabaret des Quat'z-Arts noch bis ins frühe 20. Jahrhundert ausgestellt (Abb. 1). Das Cabaret war, ähnlich wie das bekanntere "Le Chat Noir", ein Vergnügungslokal und Treffpunkt vieler Künstler. Das Quat’z-Arts wurde am Fusse des Montmartre-Hügels im Dezember 1893 eröffnet und war der Treffpunkt der Organisatoren der Vachalcades. Wir danken Laurent Bihl für seine wissenschaftliche Unterstützung bei der Katalogisierung dieses Gemäldes (siehe auch Laurent Bihl: L'Armée du chahut. Les deux Vachalcades de 1896 et 1897, Sociétés & Représentations 2009/1, Nr. 27, S. 167–191).
LOUIS ABEL-TRUCHET (Versailles 1857–1918 Auxerre) Promenade de la vache enragée. Öl auf Leinwand. Unten rechts signiert: Abel Truchet. 213,3 × 438 cm. Provenienz: - Cabaret des Quat'z-Arts, Paris, bis mindestens 1910. - Europäischer Privatbesitz. Im 19. Jahrhundert war Montmartre aufgrund der stadtplanerischen Arbeiten Georges-Eugène Baron Haussmanns zum neusten Pariser Stadtteil geworden. Sowohl Arbeiter als auch wohlhabende Familien bewohnten das Quartier. Der Gipsabbau, der wichtigste Wirtschaftszweig Montmartres, gab dem neu errichteten Platz, Place Blanche, seinen Namen. Gleichwohl zog Montmartre zahlreiche Künstler an, so Auguste Renoir (1841–1919), Vincent van Gogh (1853–1890), Theéphile-Alexandre Steinlen (1859–1923) und Henri de Toulouse-Lautrec (1864–1901), die hier ein freieres und kostengünstiges Leben führen konnten. 1896 und 1897 wurden zwei Umzüge durch Montmartre namens "Vachalcades" durchgeführt, mit dem Ziel, einen Hilfsfonds für die in Armut lebenden Künstler zu schaffen. Der Name setzt sich aus den Worten "vache" und "cavalcade" zusammen und bezieht sich auf die "vache enragée", einem Symbol für magere Zeiten und das Sinnbild des bohemischen Lebens. Ihr Gegenspieler, der "Bœuf Gras" stand im Mittelpunkt aller satirischen Umzüge, die in Paris unter Napoleon III. stattfanden. Beide Symbole konkurrierten auf dem Montmartre während der Belle Époque. Die Vachalcades genossen einen grossen populären Erfolg und wurden sogar in ausländischen Zeitungen erwähnt, obwohl sie in einem finanziellen Desaster endeten. Der Maler Louis Abel-Truchet der für seine Strassenszenen bekannt war, entwarf einen Wagen namens "L’Ode au Sacré Cœur" für den ersten Umzug von 1896, den er im hier angebotenen Gemälde an der Place Blanche darstellt. Die zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz fertiggestellte Kirche Sacré Cœur ist an der Spitze des Wagens zu sehen und wird von einem Engelschor besungen. Der Sakralbau sollte dem von religiöser Indifferenz und sozialistischen Umtrieben geprägten Stadtviertel eine national-katholische Bedeutung verleihen, worüber sich die satirisch geprägte Vachalcade auslässt. So ist auch der rechts im Hintergrund sichtbare Moulin Rouge als symbolischer Gegenspieler des Sacré Cœurs zu verstehen. Das Gemälde wurde im Cabaret des Quat'z-Arts noch bis ins frühe 20. Jahrhundert ausgestellt (Abb. 1). Das Cabaret war, ähnlich wie das bekanntere "Le Chat Noir", ein Vergnügungslokal und Treffpunkt vieler Künstler. Das Quat’z-Arts wurde am Fusse des Montmartre-Hügels im Dezember 1893 eröffnet und war der Treffpunkt der Organisatoren der Vachalcades. Wir danken Laurent Bihl für seine wissenschaftliche Unterstützung bei der Katalogisierung dieses Gemäldes (siehe auch Laurent Bihl: L'Armée du chahut. Les deux Vachalcades de 1896 et 1897, Sociétés & Représentations 2009/1, Nr. 27, S. 167–191).
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